Korrekte Krankschreibung

Die Krankschreibung ist nach wie vor ein Thema, bei dem viel Halbwissen kursiert und Unsicherheit herrscht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten jedoch immer im Bilde sein und die geltenden Regeln kennen, um Missverständnisse und Nachteile zu vermeiden. Jeder ist mal krank. Statistisch gesehen sind Arbeitnehmer durchschnittlich knapp 20 Tage im Jahr krankgemeldet. Dennoch bestehen viele Unklarheiten, was bei der Krankmeldung zu beachten ist und welche Fristen gelten, was man darf und was nicht.

Krankschreibung und Krankmeldung

Krankmeldung und Krankschreibung sind zwei klar voneinander abgegrenzte und unterschiedliche Vorgänge. Die Krankmeldung nimmt der Arbeitnehmer selbst vor. Dabei handelt es sich lediglich darum, den Arbeitgeber über die Krankheit zu informieren. Die Krankmeldung muss auch dann erfolgen, wenn zunächst kein Arzt aufgesucht wird, etwa weil man sich zu krank fühlt. Die Krankschreibung hingegen nimmt medizinisches Personal vor, sprich der Arzt oder die Ärztin. Nach der ärztlichen Untersuchung erhält der Patient dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – kurz AU-Bescheinigung genannt. Die meisten Arbeitnehmer wollen diese sehen. Laut gesetzlicher Regelung ist eine Krankschreibung spätestens nach drei Tagen Krankheit dem Arbeitgeber vorzulegen, also spätestens am vierten Tag. Arbeitsverträge oder Zusatzvereinbarungen können von dieser Frist abweichen. Dann kann der Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am dem ersten Tag der Krankheit verlangen. Begründen muss er dieses Vorgehen nicht.

Richtig krankmelden

Für die Krankmeldung bestehen keine formalen Vorgaben. Der kranke Arbeitnehmer kann bei seinen Arbeitgeber telefonisch informieren oder eine E-Mail schicken. Er darf sogar Dritte damit beauftragen, das Unternehmen zu informieren oder persönlich beim Arbeitgeber vorbeizugehen, um die Krankmeldung zu übermitteln. Wenn etwa die Arbeitsabläufe im Unternehmen so angelegt sind, dass E-Mails nicht durchgängig erfasst werden, dann kann der Arbeitgeber verlangen, dass die Krankmeldung telefonisch erfolgt. Er muss jedoch begründen, warum andernfalls ein reibungsloser Ablauf im Unternehmen nicht gewährleistet ist. Problematisch kann eine Krankmeldung über WhatsApp, Telegram, Signal oder vergleichbare Services sein. Denn abgesehen vom teilweise mangelhaften Datenschutz tragen die Arbeitnehmer das Risiko einer fehlerhaften oder unvollständigen Datenübertragung. So gesehen ist die telefonische Krankmeldung die beste Variante.

Fristen und Pflichten

Das Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall oder kurz Entgeltfortzahlungsgesetz spricht davon, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen hat. „Unverzüglich“ ist ein dehnbarer Begriff. Juristisch gesehen bedeutet das, spätestens bis Arbeitsbeginn am folgenden Arbeitstag. Für die ärztliche Krankschreibung gilt die Frist bis zum vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Hier sind aber nicht Arbeitstage gemeint. Feiertage und Wochenenden sind Teil der Frist. Bei einer vorzeitigen Gesundung können Arbeitnehmer auch dann jederzeit wieder an den Arbeitsplatz kommen, wenn die Krankschreibung noch nicht abgelaufen ist. Eine besondere Bescheinigung vom Arzt ist dafür nicht notwendig. Der Schutz durch die Kranken- und Unfallversicherung bleibt auch bei einer vorzeitigen Rückkehr bestehen.

Verhalten während der Krankschreibung

Wenn ein Arbeitnehmer krank ist und deshalb nicht bei der Arbeit erscheint, dann muss er alles unterlassen, was den Genesungsprozess verlängern könnte. Sofern nicht absolute Bettruhe angeordnet ist, ist der Einkauf von Lebensmitteln oder der Gang zur Apotheke kein Problem. Auch ein Spaziergang an der frischen Luft kann je nach Krankheit förderlich sein. Feiern gehen und Partys veranstalten hingegen sind bei Krankheit zu unterlassen. In Juristendeutsch heißt es, dass man sich „während der Krankschreibung nicht genesungswidrig verhalten“ darf.

Ärztliches Attest

Wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, muss er Arbeitgeber eine Krankmeldung zunächst auch ohne ärztliches Attest zu akzeptieren. Andererseits ist der Arbeitgeber laut Gesetz berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen als nach den üblichen drei Tagen. Im Entgeltfortzahlungsgesetz ist von Kalendertagen die Rede und nicht von Werktagen. Wenn der Arbeitnehmer die Krankmeldung mit einem Attest belegen muss und am Freitag erkrankt, dann muss er das Attest spätestens am Montag einreichen.

Digitale Krankschreibung

Bisher läuft es so: Der Arbeitnehmer bekommt vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in dreifacher Ausfertigung: zur Vorlage bei der Krankenkasse, beim Arbeitgeber und für die eigenen Unterlagen. Doch der bekannte gelbe Schein für gesetzlich Versicherte hat bald ausgedient. Ab 2022 soll die vom Arzt ausgestellte Krankschreibung auf Papier Stück für Stück durch eine digitale Bescheinigung ersetzt werden. Die Ärzte übermitteln dann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen digital an die Krankenkassen. Der Datenaustausch zwischen Arbeitgebern und Krankenkassen erfolgt dabei durch eine gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung. Im nächsten Schritt soll die jeweilige Krankenkasse dann den Arbeitgeber elektronisch über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit informieren. Übergangsweise müssen die Ärzte zusätzlich Papier-Bescheinigungen wie bisher ausstellen. Bis die rund 77 Millionen Krankschreibungen ihren Weg zu Krankenkasse und Chef digital finden, kann noch dauern. Die Frist wurde mangels flächendeckender Technik bereits mehrfach verschoben. Letzter Stand: Juli 2022.

Arztbesuche während der Arbeitszeit

Arztbesuche sind eine Privatangelegenheit, die laut Gesetz nur im Ausnahmefall und bei Notwendigkeit während der Arbeitszeit erledigt werden darf. Regelungen in Tarif- und Arbeitsverträge präzisieren mitunter den entsprechenden Paragrafen. Wenn ein Arbeitnehmer akut krank ist und deshalb einen Arzt aufsuchen muss, dann ist der Arztbesuch auch während der Arbeitszeit notwendig und zulässig. Andernfalls kommt es darauf an, ob die Angestellten sich darum bemüht haben, einen Arzttermin außerhalb der Arbeitszeit zu bekommen. Einen Arztwechsel darf der Arbeitgeber jedenfalls nicht verlangen. Die freie Arztwahl steht über den Interessen des Unternehmens.

Sonderregeln in der Corona-Pandemie

Sobald ein Infektionsrisiko für Kollegen besteht, gilt immer eine Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Das gilt auch für Covid-19. Wenn der Arbeitnehmer aber während der Erkrankung im Homeoffice arbeitet und keinen Kontakt zu Mitarbeitern hat, dann muss die Art der Erkrankung nicht angezeigt werden. Die zuständigen Behörden können im Zusammenhang mit Covid-19 ein berufliches Tätigkeitsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz aussprechen. Dann ist es den Arbeitnehmern verboten, auch bei guter körperlicher Verfassung vorzeitig an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Wenn die Behörde eine Quarantäne anordnet, dann können Arbeitnehmer jedoch unter Umständen im Homeoffice arbeiten, sobald sie sich wieder fit fühlen. Wenn ein Arbeitnehmer wegen Corona in behördlich angeordnete Quarantäne muss, dann erhält er vom Arzt nur dann eine Krankschreibung, wenn er Symptome aufweist. Bei Symptomfreiheit darf der Arzt keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen – auch nicht bei einem positiven Test. In diesem Fall reicht der Arbeitnehmer den behördlichen Bescheid über die Anordnung der Quarantäne beim Arbeitgeber ein.

Anspruch auf Bezahlung während der Krankschreibung

Während der Zeit der Krankschreibung haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Während der ersten sechs Wochen (42 Kalendertage) erfolgt diese durch den Arbeitgeber. Danach springt die Krankenkasse des Arbeitnehmers ein und bezahlt ein Krankengeld. Es beträgt maximal 70 Prozent des letzten Bruttogehalts. Damit die Krankenkasse übernimmt, muss der Arbeitnehmer sechs Wochen durchgehend an derselben Krankheit erkrankt sein. Bei zwischenzeitlicher Genesung und neuerlicher Erkrankung beginnen die sechs Wochen wieder von vorne.

Glossarbeitrag